Aktuell
Interview mit Othmar Wyss*:
„Man würde sich auf Glatteis begeben, eine Prognose für die Zukunft zu wagen“
Die Absetzung durch den Kongress und Verhaftung des Präsidenten Castillo erfolgte unter dramatischen Umständen. Wie beurteilen Sie die Legitimation des Vorganges?
Die von Präsident Castillo am 7. Dezember 2022 im Fernsehen angekündigte Auflösung des Kongresses, die er angesichts des gegen ihn in Gang gesetzten dritten Amtsenthebungsverfahrens orchestriert hatte, provozierte weitestgehend negative Reaktionen. Selbst Mitglieder des Kabinetts traten nach der Ankündigung zurück. Und dies obwohl der Kongress bei kürzlichen Meinungsumfragen eine historisch tiefe Zustimmungsrate von nur gerade 10 % hatte, während Castillo immerhin auf 40 % kam.
Noch am gleichen Tag setzte der Kongress Präsident Castillo ab. In der Tat sieht Art. 117 der peruanischen Verfassung vor, dass der Präsident während seiner Amtszeit angeklagt werden kann, wenn er den Kongress ausser in den durch die Verfassung vorgesehen Fällen auflöst. Für eine solche Absetzung ist jedoch ein bestimmtes formelles Verfahren erforderlich. Dieses wurde jedoch nicht vollständig eingehalten durch den Kongress. Ob dies Auswirkungen auf den Ausgang des bevorstehenden Prozesses gegen Castillo haben wird, ist eher unwahrscheinlich angesichts der gegenwärtigen Zusammensetzung des Verfassungsgerichtes. Aber es könnte ein Grund sein, weshalb im Rahmen einer Meinungsumfrage 51 % der Befragten die Ansicht vertraten, dass nicht Castillo, sondern der Kongress für den „golpe“ (Staatsstreich) verantwortlich sei.
Seine kurze Amtszeit war durch eine grosse Instabilität und eher chaotische Regierungsführung gekennzeichnet. Hatte er überhaupt je eine Chance?
In der Tat war die knapp 500 Tage dauernde Amtszeit chaotisch. Präsident Castillo, der frühere Volksschullehrer, der in seinem Amt völlig überfordert und leicht manipulierbar war, befand sich in einem dauernden Abwehrkampf gegen den Kongress, in dem die rechtskonservativen Parteien eine starke Stellung einnehmen. Dieser Kampf hatte einen unglaublichen personellen Verschleiss zur Folge: Vier Kabinette und 78 Minister. Oft waren die Gründe dafür Korruptionsvorwürfe, die auch die nächste Umgebung des Präsidenten und diesen selbst betrafen.
Die Polarisierung zwischen den politischen Lagern ist extrem. Welches sind die Gründe dafür?
Wie von der Verfassung vorgesehen wurde als Nachfolgerin von Präsident Castillo seine Vizepräsidentin Dina Boluarte vereidigt. Sie gehörte ursprünglich der gleichen marxistischen Partei wie Castillo an (Peru Libre) und hatte früher einmal angekündigt, dass sie als Vizepräsidentin zurücktreten würde, falls der Kongress Castillo als Präsident absetze. Dies tat sie jedoch nicht. Daraufhin kam es zu wochenlangen Protesten und Streiks insbesondere im nach wie vor sehr armen Süden des Landes. Bei deren Bekämpfung durch die Polizei kam es bisher zu rund 60 Toten. Hauptforderungen waren die Entlassung Castillos aus dem Gefängnis und insbesondere der Rücktritt von Dino Boluarte, weil dies gemäss der Verfassung sofortige Neuwahlen bedingt hätte. Bisher hat sich eine knappe Mehrheit von Kongressabgeordneten jedoch geweigert, dieser letzten Forderung nachzukommen. Dafür mag es verschiedene Gründe geben. Einerseits sind die Abgeordneten sehr gut bezahlt und geniessen weitreichende Privilegien. Anderseits verfolgt Präsidentin Boluarte und ihr Kabinett eine Politik, die vom rechten Flügel im Kongress unterstützt wird. Schliesslich mag bei einzelnen Abgeordneten auch das Argument eine Rolle gespielt haben, dass vor Neuwahlen eine Reihe politischer Reformen durchgeführt werden muss. Ansonsten riskiert Peru eine Wiederholung der bisherigen Blockade zwischen Exekutive und Legislative. Im ersten Wahlgang im April 2021 hatten die beiden führenden Kandidaten nur gerade 32 % aller Stimmen erhalten (Castillo 19 % und Keiko Fujimori 13 %). Ein grosser Anteil von Wählern, die Castillo in der Stichwahl unterstützt hatten (insgesamt 50.1 %), dürften in erster Linie nicht für ihn, sondern vor allem gegen seine Kontrahentin, Keiko Fujimori, gestimmt haben, deren Vater als Präsident 1992 den Kongress ebenfalls illegal aufgelöst hatte und deswegen, aber auch wegen schwerwiegender Menschenrechtsverletzungen, zu 25 Jahren Gefängnis verurteilt worden war.
Welche Prioritäten musste die gegenwärtige Regierung kurzfristig setzen?
Die Regierung Boluarte muss wieder Ruhe in die Politik bringen und das Vertrauen der Bevölkerung, insbesondere auch jener Schichten, die in den vergangenen Jahren vergessen wurden. Ansonsten riskiert sie, dass auch die Wirtschaft in Mitleidenschaft gezogen wird. Dies war vor allem dank der unabhängigen Zentralbank bisher kaum der Fall. Covid und die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine haben zwar auch in Peru das Preisniveau in die Höhe gedrückt. Die Inflation ist im Jahre 2022 um 8.5 % gestiegen, was vor allem für die 80 % der Peruaner, die im informellen Sektor tätig sind, nicht ohne weiteres durch ein höheres Einkommen ausgeglichen werden kann.
Wagen Sie eine Prognose für die nächsten Monate?
Man würde sich aufs Glatteis begeben, eine einigermassen zuverlässige Prognose zu wagen. Vorerst stellt sich die Frage, ob Präsidentin Dina Boluarte der Forderung nach ihrem Rücktritt, der von der Linken des Parteienspektrums bis weit in die Mitte reicht (insgesamt etwa 75 %), weiterhin widerstehen kann. Tritt sie zurück übernimmt der Präsident des Kongresses ihre Funktion. Dieser wäre gemäss Verfassung verpflichtet, sofort Neuwahlen zu organisieren. Aber ohne politische Reformen würden damit nur neue Probleme geschaffen.
* Dr. Othmar Wyss ist Ökonom und lebte aus beruflichen Gründen in Peru. Er war bis zu seiner Pensionierung Abteilungsleiter im Bundesamt für Aussenwirtschaft und verfolgt die Entwicklung in Peru bis heute genau.
„Man würde sich auf Glatteis begeben, eine Prognose für die Zukunft zu wagen“
Die Absetzung durch den Kongress und Verhaftung des Präsidenten Castillo erfolgte unter dramatischen Umständen. Wie beurteilen Sie die Legitimation des Vorganges?
Die von Präsident Castillo am 7. Dezember 2022 im Fernsehen angekündigte Auflösung des Kongresses, die er angesichts des gegen ihn in Gang gesetzten dritten Amtsenthebungsverfahrens orchestriert hatte, provozierte weitestgehend negative Reaktionen. Selbst Mitglieder des Kabinetts traten nach der Ankündigung zurück. Und dies obwohl der Kongress bei kürzlichen Meinungsumfragen eine historisch tiefe Zustimmungsrate von nur gerade 10 % hatte, während Castillo immerhin auf 40 % kam.
Noch am gleichen Tag setzte der Kongress Präsident Castillo ab. In der Tat sieht Art. 117 der peruanischen Verfassung vor, dass der Präsident während seiner Amtszeit angeklagt werden kann, wenn er den Kongress ausser in den durch die Verfassung vorgesehen Fällen auflöst. Für eine solche Absetzung ist jedoch ein bestimmtes formelles Verfahren erforderlich. Dieses wurde jedoch nicht vollständig eingehalten durch den Kongress. Ob dies Auswirkungen auf den Ausgang des bevorstehenden Prozesses gegen Castillo haben wird, ist eher unwahrscheinlich angesichts der gegenwärtigen Zusammensetzung des Verfassungsgerichtes. Aber es könnte ein Grund sein, weshalb im Rahmen einer Meinungsumfrage 51 % der Befragten die Ansicht vertraten, dass nicht Castillo, sondern der Kongress für den „golpe“ (Staatsstreich) verantwortlich sei.
Seine kurze Amtszeit war durch eine grosse Instabilität und eher chaotische Regierungsführung gekennzeichnet. Hatte er überhaupt je eine Chance?
In der Tat war die knapp 500 Tage dauernde Amtszeit chaotisch. Präsident Castillo, der frühere Volksschullehrer, der in seinem Amt völlig überfordert und leicht manipulierbar war, befand sich in einem dauernden Abwehrkampf gegen den Kongress, in dem die rechtskonservativen Parteien eine starke Stellung einnehmen. Dieser Kampf hatte einen unglaublichen personellen Verschleiss zur Folge: Vier Kabinette und 78 Minister. Oft waren die Gründe dafür Korruptionsvorwürfe, die auch die nächste Umgebung des Präsidenten und diesen selbst betrafen.
Die Polarisierung zwischen den politischen Lagern ist extrem. Welches sind die Gründe dafür?
Wie von der Verfassung vorgesehen wurde als Nachfolgerin von Präsident Castillo seine Vizepräsidentin Dina Boluarte vereidigt. Sie gehörte ursprünglich der gleichen marxistischen Partei wie Castillo an (Peru Libre) und hatte früher einmal angekündigt, dass sie als Vizepräsidentin zurücktreten würde, falls der Kongress Castillo als Präsident absetze. Dies tat sie jedoch nicht. Daraufhin kam es zu wochenlangen Protesten und Streiks insbesondere im nach wie vor sehr armen Süden des Landes. Bei deren Bekämpfung durch die Polizei kam es bisher zu rund 60 Toten. Hauptforderungen waren die Entlassung Castillos aus dem Gefängnis und insbesondere der Rücktritt von Dino Boluarte, weil dies gemäss der Verfassung sofortige Neuwahlen bedingt hätte. Bisher hat sich eine knappe Mehrheit von Kongressabgeordneten jedoch geweigert, dieser letzten Forderung nachzukommen. Dafür mag es verschiedene Gründe geben. Einerseits sind die Abgeordneten sehr gut bezahlt und geniessen weitreichende Privilegien. Anderseits verfolgt Präsidentin Boluarte und ihr Kabinett eine Politik, die vom rechten Flügel im Kongress unterstützt wird. Schliesslich mag bei einzelnen Abgeordneten auch das Argument eine Rolle gespielt haben, dass vor Neuwahlen eine Reihe politischer Reformen durchgeführt werden muss. Ansonsten riskiert Peru eine Wiederholung der bisherigen Blockade zwischen Exekutive und Legislative. Im ersten Wahlgang im April 2021 hatten die beiden führenden Kandidaten nur gerade 32 % aller Stimmen erhalten (Castillo 19 % und Keiko Fujimori 13 %). Ein grosser Anteil von Wählern, die Castillo in der Stichwahl unterstützt hatten (insgesamt 50.1 %), dürften in erster Linie nicht für ihn, sondern vor allem gegen seine Kontrahentin, Keiko Fujimori, gestimmt haben, deren Vater als Präsident 1992 den Kongress ebenfalls illegal aufgelöst hatte und deswegen, aber auch wegen schwerwiegender Menschenrechtsverletzungen, zu 25 Jahren Gefängnis verurteilt worden war.
Welche Prioritäten musste die gegenwärtige Regierung kurzfristig setzen?
Die Regierung Boluarte muss wieder Ruhe in die Politik bringen und das Vertrauen der Bevölkerung, insbesondere auch jener Schichten, die in den vergangenen Jahren vergessen wurden. Ansonsten riskiert sie, dass auch die Wirtschaft in Mitleidenschaft gezogen wird. Dies war vor allem dank der unabhängigen Zentralbank bisher kaum der Fall. Covid und die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine haben zwar auch in Peru das Preisniveau in die Höhe gedrückt. Die Inflation ist im Jahre 2022 um 8.5 % gestiegen, was vor allem für die 80 % der Peruaner, die im informellen Sektor tätig sind, nicht ohne weiteres durch ein höheres Einkommen ausgeglichen werden kann.
Wagen Sie eine Prognose für die nächsten Monate?
Man würde sich aufs Glatteis begeben, eine einigermassen zuverlässige Prognose zu wagen. Vorerst stellt sich die Frage, ob Präsidentin Dina Boluarte der Forderung nach ihrem Rücktritt, der von der Linken des Parteienspektrums bis weit in die Mitte reicht (insgesamt etwa 75 %), weiterhin widerstehen kann. Tritt sie zurück übernimmt der Präsident des Kongresses ihre Funktion. Dieser wäre gemäss Verfassung verpflichtet, sofort Neuwahlen zu organisieren. Aber ohne politische Reformen würden damit nur neue Probleme geschaffen.
* Dr. Othmar Wyss ist Ökonom und lebte aus beruflichen Gründen in Peru. Er war bis zu seiner Pensionierung Abteilungsleiter im Bundesamt für Aussenwirtschaft und verfolgt die Entwicklung in Peru bis heute genau.
Mitgliederversammlung 2022
An der 13. Generalversammlung des Vereins Solidarität Schweiz-Peru finden sich am 28. Oktober im Zwinglihaus in Basel neben dem Vorstand 24 Mitglieder ein. Die Präsidentin Elsbeth Poget eröffnet die Versammlung mit einer Schweigeminute für zwei im Jahr 2022 verstorbene enge Weggefährtinnen, die unsere Arbeit in Peru stark geprägt haben: Gertrud Bärtschi, Gründerin und Ehrenpräsidentin, sowie Anna Hirt, langjährige Aktuarin des Vereinsvorstandes. Wir halten sie beide in ehrendem Andenken.
Heinz Bossart beleuchtet die aktuelle Lage in Peru. Dabei erachtet er es als positiv, dass die von der Regierung angestrebte Verfassungsänderung bis jetzt verhindert werden konnte und dass die Inflation mit 10 % nicht höher liegt als in benachbarten Ländern. Bemerkenswert ist auch, dass das Wachstum im Bereich des Agroexportes anhält und dass bereits 85 % der Bevölkerung zum zweiten Mal gegen Covid geimpft ist. Zu Besorgnis Anlass gibt die grosse politische Instabilität mit einem häufigen Wechsel der Ministerposten. Nach wie vor lebt ein Drittel der Bevölkerung in grosser Armut. Die Korruption und allgemeine Unsicherheit haben sich als hemmende Faktoren für die Entwicklung verstärkt. «Peru ist grösser als seine Probleme», mit diesem Sprichwort sieht der Referent trotzdem eher optimistisch in die Zukunft.
Der Kassier Marcel Vögtlin kann eine ausgeglichene Vereinsrechnung präsentieren. Die Jahresrechnung sowie das Budget werden von der Versammlung genehmigt. Der Ertrag der Wertschriftenanlagen beträgt rund Fr. 40'000.- Die Zahl der Spendenden ist allerdings in den letzten zehn Jahren von 620 auf 400 zurückgegangen. Dank einer grossen Erbschaft ist der Rückgang verkraftbar, so dass mittelfristig die Verpflichtungen in Peru eingehalten werden können.
Die beiden Revisoren José Brandao und Jean-Michel Saillen erteilen der Jahresrechnung ihr Plazet und loben die zuverlässige und sorgfältige Buchführung des Kassiers.
Die Präsidentin Elsbeth Poget berichtet über den Verlauf der vom Verein unterstützten Aktivitäten in Peru und untermalt ihre Ausführungen mit guten Fotos. Nach der schwierigen Covid-Zeit während gut zwei Jahren kehrt bei allen Projektpartnern wieder eine gewisse Normalität mit direkten Kontakten ein. Dem auf unserer Homepage aufgeschalteten Jahresbericht können Sie ausführlichere Informationen über die einzelnen Projekte entnehmen.
Am Schluss warten Marcel Vögtlin und Jean-Michel Saillen als Gesang-Duett mit einer sehr schönen musikalischen Überraschung auf. Gemeinsam mit den Musikerinnen Claudia Stark (Geige), Yasna Bürgin (Cello) und dem Pianisten Dominik Stark interpretieren sie Beethovens irisches Abschiedslied «Farewell Bliss, and Farewell Nancy - Lieb’ und Glück fährt hin auf immer» (siehe Fotos).
Oktober 2022
Gedicht für Gertrud
Von Jenny Alfaro, Lima
EINES TAGES KAM EINE FRAU
SIE TRUG SANDALEN, EINE BLUSE, HOSENKLEID
MIT STRAHLENDEN MEERESBLAUEN AUGEN
IHRE WEIZENBLONDEN HAARE WEHTEN IM WIND
EIN STURM DER LIEBE.
GUTEN TAG, GUTEN ABEND GERTRUDIS
SÜDEN UND NORDEN
DIE WELT IST EIN TASCHENTUCH
EIN BRUNNEN VOLLER HOFFNUNG.
AUF WIEDERSEHEN GERTRUDIS
IN DEINEN SANDALEN
BIS BALD WIEDER, SAGEN UNS DEINE LÄCHELNDEN HÄNDE
ÜBER LIMA HINAUS
DORT BEI DEN SEEN, FLÜSSEN, BERGEN
GIBT ES EIN WEITES HEIM
ZWISCHEN HIMMEL UND DEN ANDEN
DORT WOHNT EIN REGENBOGEN
TRÄNEN, SANFTE WIESEN
SCHAU, MEIN HERZ, DORT WARTET
EIN ORT AUF DICH.
Oktober 2022
Hinschied von Gertrud Bärtschi
Die Gründerin und Ehrenpräsidentin unseres Vereins Gertrud Bärtschi ist am 15. September 2022 nach einer längeren Krankheit in ihrem 91. Lebensjahr verstorben. Sie durfte dank Spitex und der Nachbarschaftshilfe bis vor wenigen Wochen noch in ihrer Wohnung in Basel leben. Sie ist nach einem mehrwöchigen Spitalaufenthalt als Folge von Covid und einer Lungenentzündung verschieden.
Gertrud Bärtschi engagierte sich während Jahrzehnten für benachteiligte Menschen in Peru und schuf dank ihrem unermüdlichen Einsatz und starken Willen ein beeindruckendes Lebenswerk. Der Dank Tausender Peruanerinnen und Peruaner mehrerer Generationen ist ihr gewiss. Auch wir sind ihr zu tiefem Dank verpflichtet und werden sie in ehrendem Andenken behalten. Ihren ausserordentlichen Lebensweg werden wir zu einem späteren Zeitpunkt ausführlich nachzeichnen.
Vorstand des Vereins Solidarität Schweiz-Peru
September 2022
Ein freudiger Tag
Mitte März 2022 konnte das Ausbildungszentrum für behinderte Jugendliche IPBV in Lima den Präsenzunterricht wieder aufnehmen. Wegen der Covid-Epidemie konnten die Schülerinnen und Schüler in den letzten zwei Jahren nur per Bildschirm und WhatsApp erreicht werden. Die Wiederbegegnung nach so langer Zeit war für die Jugendlichen und die Instruktoren ein freudiges Ereignis.
Wir trauern um Anna Hirt Eberle
Am vergangenen 17. Februar verstarb unser Vorstandsmitglied Anna Hirt im Hospiz im Park in Arlesheim im 76. Lebensjahr. Damit ging für sie eine dreijährige, mit grosser Tapferkeit ertragene Leidensphase zu Ende.
Anna Hirt Eberle war ausgebildete Kinderkrankenschwester und Sehlehrerin. Neben ihrem Beruf war sie während acht Jahren als Richterin am Basler Strafgericht tätig und setzte sich politisch und in ihrem Umfeld besonders für die Umwelt und Natur ein. Sie war auch kulturell und sozial vielseitig engagiert. So sang sie in verschiedenen Chören, spielte Querflöte und schuf Bilder und Steinskulpturen.
Anna setzte sich bis zuletzt für unseren Verein Solidarität Schweiz-Peru ein. Als aktives Vorstandsmitglied war sie während vieler Jahre eine wertvolle Stütze und kompetente Beraterin. Dafür bleiben wir ihr zu grossem Dank verpflichtet. Ihr Besuch in Peru in den Jahren 2010 und 2011 bleibt unseren Projektpartnern vor Ort bis heute in bester Erinnerung. Mit ihrer grossen Empathie, Offenheit und klugen Art hat sie die Menschen beeindruckt.
Wir werden Anna als wache und sympathische Freundin schmerzlich vermissen. Ihrem Gatten Alex, ihren zwei Kindern und drei Enkelkindern sprechen wir unser herzliches Beileid aus.
Vorstand des Vereins Solidarität Schweiz-Peru
Ein Leben für Peru
Am 29. Januar 2022 kann Gertrud Bärtschi in Basel ihren 90. Geburtstag feiern.
Dabei schaut die Gründerin des Vereins Solidarität Schweiz-Peru auf ein Leben im Dienste der benachteiligten Bevölkerung Perus zurück. Am Anfang stand ihr mehrjähriger Einsatz in den 60er-Jahren als Krankenschwester in einem Spital in den Anden. Seit Beginn der 70er-Jahre arbeitete sie bis zu ihrer Pensionierung 1995 in der Notfallstation des Kantonsspitals Basel. Gleichzeitig sammelte sie unermüdlich Geldspenden und baute mit peruanischen Vertrauensleuten ein Netz lokaler Entwicklungsinitiativen auf. Dies zur Förderung von Frauen, Kindern und Jugendlichen sowohl in den Anden wie in Armensiedlungen der Städte Lima und Ica. Für ihr grosses Werk wurde die Jubilarin 1995 mit dem Ehrendoktor-Titel der Medizinischen Fakultät der Universität Basel ausgezeichnet.
Bis vor zwei Jahren besuchte Gertrud Bärtschi jährlich sämtliche Projekte vor Ort. Als Ehrenpräsidentin des Hilfswerkes unterhält sie bis heute einen ständigen Kontakt mit den peruanischen Partnern. Es trifft sich gut, dass ihr runder Geburtstag zusammenfällt mit der baldigen Wiederaufnahme des Unterrichts im Ausbildungszentrum für behinderte Jugendliche I.P.B.V. in Lima. Dieses musste sich wie alle Schulen Perus wegen der Corona-Epidemie während zwei Jahren auf den Online-Unterricht beschränken. Das Zentrum ist Gertrud Bärtschi besonders ans Herz gewachsen, stand sie ihm doch bei dessen Gründung vor 50 Jahren Patin.
Die Jubilarin darf die Gratulation und Dankbarkeit von Tausenden von Peruanerinnen und Peruanern entgegennehmen, für deren Wohl sie sich in all den Jahrzehnten eingesetzt hat. Auch der Vorstand unseres Vereins Solidarität Schweiz–Peru gratuliert ihr herzlich!
Ein zerrissenes Land
Nach der Stichwahl um die Präsidentschaft vom 6. Juni 2021 zeichnet sich für Peru eine ungewisse und instabile Zukunft ab. Der linkspopulistische Dorfschullehrer Pedro Castillo hat die Wahl mit 50.1 % der Stimmen ganz knapp vor der rechtskonservativen Keiko Fujimori geschafft. Diese anerkennt das Resultat, das noch offiziell bestätigt werden muss, jedoch nicht. Die gemässigten Kräfte, welche beide Kandidierenden ablehnten, warnten vor dem Risiko eines autoritären Regimes. Die Wahl hat vor allem auch die traditionelle regionale Spaltung des Landes aufgezeigt. Die ruralen Andenprovinzen, wo die Armut besonders gross ist, wählten mit grosser Mehrheit P. Castillo, während K. Fujimori die meisten Stimmen in der Hauptstadt Lima und den Küstenzonen holte.
Die Wahl eines Aussenseiters ist auch der Ausdruck einer grossen Vertrauenskrise in eine korrupte politische Klasse. Sie bedeutet für Peru einen Sprung ins Ungewisse, da P. Castillo im Wahlkampf Zweifel aufkommen liess, wie weit er die demokratischen Institutionen respektieren wird. Die Ankündigung, wichtige Sektoren zu verstaatlichen, löste Befürchtungen aus, das Land könnte in ein wirtschaftliches Chaos stürzen. Für die neue Regierung, die Ende Juli die Macht übernehmen sollte, wird die grosse Herausforderung darin bestehen, eine gerechtere Verteilung des Reichtums zu schaffen und verstärkt in die Gesundheit und Bildung zu investieren.
Wie dringend eine handlungsfähige Regierung ist, zeigt die anhaltend kritische epidemische Lage auf. Das öffentliche Leben ist nach wie vor eingeschränkt und die Schulen bleiben noch immer geschlossen. Es gibt keine wirklich gesicherten Angaben über die Zahl der Opfer. Statt der bisher angenommenen 70'000 Coronatoten sprang die offizielle Zahl Anfang Juni auf 180'000! Damit wäre Peru mit fast 6'000 Toten pro Million Einwohner das weltweit am stärksten betroffenen Land. Der Gesundheitsminister kündigte eine intensive Fortführung der Impfkampagne an. Bisher wurden sechs Millionen Impfdosen verteilt und bis Ende Juli sollen alle über 60-Jährigen und die Risikogruppen geimpft sein.
Gertrud Bärtschi besuchte in Begleitung von Marga Huber während der letzten Januar- und ersten Februarwoche 2019 die Projektpartner in Peru. Hier mit Jugendlichen und Mitarbeiterinnen der Vereinigung arbeitender Mädchen und Knaben in Ica.
Lebensperspektiven verbessern - Selbständigkeit fördern
Der Vorstand bedankt sich bei Herrn Virgilio A. Bianchi für das unentgeltliche Erstellen unserer Webseite.